Prima, letzten Sonntag wurde uns wieder einmal eine Stunde gemoppst. Wieso bleiben wir eigentlich nicht bei der Sommerzeit, die ist eh besser als Winterzeit und außerdem haben wir doch schon lange festgestellt, dass diese Umstellerei nix als Ärger mit sich bringt.
Mein Wecker hat sich Montagmorgen prompt auch erst einmal dazu entschlossen, nicht zu klingeln. Toller Start in die Woche. Zwar bin ich nur 10min später von allein aufgewacht, aber die schlechte Aura ließ sich irgendwie den ganzen Tag, naja, eigentlich die ganze Woche über nicht vertreiben.
Ein bisschen verschlafen mache ich mich also auf den Weg ins Geschäft. 5min später gibt mein MP3 Player auf. Shit. Batterie leer. Dann halt kein Hörbuch heute, probieren wir es mal wieder mit Radio. Dort ist das Gejammer groß. In Kalifornien sind die Benzinpreise auf über 4$/Gallone gestiegen. Tja, wir in Illinois sind auch nicht mehr wahnsinnig weit davon entfernt…was mich dazu bringt über die Benzinpreise im Allgemeinen nachzudenken. Im Vergleich zu Deutschland geht es uns hier noch gut, dennoch mache ich mir ein wenig Sorgen, wie die Entwicklung wohl so weiter geht. Als ich im Dezember angefangen habe, dank 70 Meilen Durststrecke pro Tag, in der Woche im Schnitt 1,5 mal eine Benzinauffüllanlage aufzusuchen, lag der Spritpreis noch bei rund 2,79$/Gallone. Jetzt muss ich für 3,79$/Gallone Sprit nachpumpen. Macht eine Preiserhöhung von sage und schreibe 35%. Innerhalb von 3 Monaten. Ätzend! Ok, zappzarapp zum nächsten Sender. Ninetyfivenine......the river...ohh...ich liebe diese Stimme...so tief...so sexy...ich könnte ihm ewig zuhören, naja, als es dann um die Einkommenssteuererhöhung vom Januar geht (66% Erhöhung!!!!! Und so wollen die die Wirtschaft ankurbeln oder was?!) reicht sexy allein auch nicht mehr aus... zapp... Werbung...booooring...zapp...Shania Twain...was hat die dem im Radio verloren??? Zapp...relax...take it eeeeaaaasyyyyy....Piepsstimme, ist dem jemand auf den Fuß getreten?....zapp...oh Nickelback...fast so tief und wohlklingend wie mein Radiomoderator....I wanna be a Rockstar! Als jedoch der Quäker Justin Bieber angekündigt wird, kann ich nicht mehr. Es wird Zeit für deutsches Radio. Ich krame in meiner Tasche nach meinem Handy, tippe auf die Antenne Bayern App und los geht's! Oh nein, schon wieder eine Diskussion über Benzin. Ach du Schande, hört das denn nie auf? Dieses mal ist E10 das Thema. Nicht dass ich E10 für eine brauchbare Erfindung halten würde, neee, ganz sicher nicht, es gäbe andere Mittel und Wege den CO2 Ausstoß zu senken, ohne die Autofahrer für dumm zu verkaufen...aber lassen wir das. Als in Deutschland die Diskussion aufkam und die Bestreikung der Tankstellen losging, meinte Bruno so ganz nebenbei, dass es hier gar nix anderes gäbe. Getreu dem Motto ich glaube nichts, was ich nicht selber gesehen habe, machte ich mich daran Tankstellen zu testen. Von Shell bis Marathon, Phillips66 und Mobil, Speedway, Citgo oder was es sonst noch alles gibt. Alle enthalten bis zu 10% Ethanol. Hm, und wenn das mein Auto gar nicht mag? Sollte ich sicherheitshalber mal bei Nissan anrufen? Ich überlege schon mal, wenn ich im Schadensfall verklagen könnte...das macht man doch hier so, oder? Werbung...Seitenbacher...des gehört doch verboten...zapp...SWR3 App. Bon Jovi. It's my live...It's now or never...I ain't gonna live forever...jo, scho klar...
Die ganze Woche geht so weiter wie der Montag angefangen hat. Japan, Libyen, Atomdebatte, E10 oder Jodtabletten. Prächtig...es kann eigentlich nur besser werden!
Aber nun: Feierabend für heute! Thank God it's Friday! Weekend!
Meine morgendliche, ca. 45min dauernde Autofahrt ist in der Regel ziemlich ereignislos. Die ersten 5 Meilen geht es noch durch‘s Städtchen mit eher mehr als weniger in Reihe geschalteter roter Ampeln, bevor ich dann auf die Interstate 88 West einbiege, was übrigens die perfekte Richtung ist, da sich morgens alle Welt Richtung Chicago (Osten) quält... Die nächsten 25 Meilen muss ich dann normalerweise den Fuß weder auf’s Gas noch auf’s Bremspedal bewegen, Tempomat und wenig Verkehr sei Dank.
Gestern Morgen biege ich also noch etwas schlaftrunken auf die Interstate ein, erreiche gerade so meine anvisierten 60mph, als ich, wrummm, von einem LKW überholt werde. Oh, Target wartet offensichtlich auf Lebensmittelnachschub. Kurze Zeit später, wrummm, der nächste LKW. Aha, auch Meijer hat scheinbar kein Happa Happa mehr. Ich kucke auf den Tacho, um mich zu vergewissern, dass ich nicht eingeschlafen bin. Hm, 60mph, 5 mehr als erlaubt, also im grünen Bereich sollte man meinen. Nicht so für die zwei LKWs vor mir, die anfangen, sich einen erbitterten Kampf um die Supermarktherrschaft zu liefern. Naja, denke ich mir, noch ein paar Minuten, dann werden die erlaubten 55mph auf sagenhafte 65mph (nur für Autofahrer!) aufgestockt, dann krieg ich euch. Doch auch 70mph bringen mich den Brummis vor mir nicht wirklich näher.
Ich trau mich, nochmal 2mphs draufzulegen und halte dabei fleißig Ausschau nach am Straßenrand stehenden Polizeiautos, Sheriffs, County Officers oder was sonst nichts Besseres zu tun hat, als zu warten, bis einer mit unerlaubtem Speeding an ihnen vorbeirauscht. Nicht, dass ich 115kmh als Speeding bezeichnen würde, im Gegenteil, aber lassen wir das. Es vergeht hier auf jeden Fall kein Tag, an dem ich nicht mindestens ein Polizeiauto sehen würde, das entweder gerade einen (wahrscheinlich total unschuldigen) Speeder verhört, durch Wohngebiete schleicht (wie im Film) oder einfach nur an der Straße wartet (auch wie im Film!) bis einer was Unerlaubtes tut. Es ist kein Spaß. Kein Spaß ist auch, dass, wenn man beim Speeden oder sonstigen Unanständigkeiten erwischt wird, dies an die Versicherung gemeldet wird, man daraufhin eine Einstufung als „dangerous driver“ erhält und somit die Versicherungspolice in die Höhe schnellt. Dies gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, da unsere deutsche Fahrerfahrung (wie könnte es auch anders sein) hier nicht anerkannt wird und wir wieder als „Anfänger“ unterwegs sind. Was das für die Höhe der Autoversicherung bedeutet, muss ich nicht näher ausführen…
Übrigens, wenn es zur Diskussion mit einem Officer kommen sollte, bringt dann auch (etlichen Erfahrungsberichten zufolge) das Argument „born in se länd of se ohtobähn“ einen nicht mehr weiter... aber ich schweife ab…
Die nächsten paar Meilen schleiche ich mich also indianerlike an die Brummis an. Als ich anfange zu überlegen, ob ich es verantworten kann nochmal 1-2 mphs draufzulegen, entscheidet sich Meijer, dass er dem Target jetzt zeigt, wo der Bartel den Moscht holt. Er zieht links rüber. 5 Meilen später ist Meijer gleichauf mit Target, als plötzlich, oh nein, auch noch Fedex ins Geschehen mit eingreift. Die nächsten 10min versucht Supermarkt an Post vorbeizukommen, doch Pakete sind offensichtlich wichtiger als Essen, Fedex beschleunigt, Meijer gerät ins Hintertreffen und Target hat nun die Chance rechts am Konkurrent vorbeizuziehen…
Leider hab ich keine Ahnung wer am Ende gewonnen hat, da gerade als Target (rechts) so ungefähr zur Hälfte auf Meijer (links) aufgeschlossen hat, ganz plötzlich meine Ausfahrt da war. Schade, so eine spannende Autofahrt hätte ich gern öfters…
Ist es zu glauben? Vor genau einem Jahr haben wir unsere sieben Sachen gepackt, den Container mit unseren Habseligkeiten über den großen Teich geschickt und uns in den Flieger gesetzt.
Ein neues Abenteuer namens USA begann. Jetzt, ein Jahr später, ist es Zeit eine kleine Bilanz zu ziehen. Vorweg erstmal, wir haben unseren Mietvertrag gerade um ein weiteres Jahr verlängert, das Abenteuer Amerika geht also weiter!
Fangen wir im Teil 1 (wie viele Teile es geben wird, weiß ich noch nicht so genau...) mal mit den Dingen an, die ich bzw. wir hier ganz arg vermissen:
Berge und Badeseen: die Landschaft hier um Chicago ist einfach mal flach und öde. Keine Berge, kaum Hügel und noch weniger Seen zum schnell mal planschen gehen. Und der Lake Michigan ist zwar riesig, liegt aber zum Nachfeierabendmalschnellbadengehen ein bisschen zu weit weg...
Milka Noisette Schokolade: der 1,8kg Vorrat, den ich von Oma und Tante zu Weihnachten bekommen habe, hat bis Ende Februar den direkten, gehen sie nicht über Los Umweg auf meine Hüften gefunden. Ich kämpfe gerade wieder dagegen an...
Deutsche Haus- und Fensterbaukunst: es zieht rein, seit neuestem regnet es rein, genauso schnell findet die warme Luft den Weg auch wieder nach draußen. Es ist wirklich nicht nachvollziehbar wie schlecht die Häuser hier gebaut sind. Sagen wir mal so, die Amis haben viele Opportunities vor sich! Womit wir auch beim deutschen Energie- und Umweltbewusstsein wären. Strom, Gas und Benzin kosten zwar nur rund die Hälfte bis ein Drittel, dafür liegt der Verbrauch ungefähr beim Dreifachen...genauere Analyse folgt noch...
Deutsche Urlaubstage: amerikanische Arbeitsverträge sind einfach mal traurig, was die so dringend benötigte Erholung angeht. Ganze 3 Wochen hab ich...ganze 15 Tage bezahlten Urlaub...heul...5 davon verbring ich seit heute in Mexiko beim Tauchen...lach...
Schöne Saunalandschaften: der Winter hier ist lang und kalt. Was läge da näher als sich ab und zu mal abzuhärten und in die Sauna zu gehen? Ich sag nur ein, nein, zwei Worte: amerikanische Prüderie...Ihr könnt euch nicht vorstellen wie prüde dieses Volk ist. Da laufen die gewalttätigsten Filme am Samstag Nachmittag im Fernsehen, aber wehe es kommt eine nackte Brust vor...oh jemineeeee...ich hab euch ja bereits erzählt, dass es verschiedene Filmversionen gibt...mit nackter Brust...und eben ohne....
Motorrad: Bruno heult seinem Ex-Schatzi mit schöner Regelmäßigkeit noch nach. Was ich ja auch ganz gut verstehe. Ich vermisse mein Motorrad auch, mehr aber noch die Landschaft, in der das Fahren so richtig Spaß macht. Und mein Traktor wird übrigens auch ganz arg vermisst..schnief...
Formel 1 kucken: wir zählen bestimmt nicht zu den Hardcorefans, doch es fehlt einfach. Im Fernsehen hier wird es nur auf einem speziellen Paychannel übertragen, zum anderen macht es die Zeitverschiebung ebenfalls schwierig, sich mitten in der Nacht aus dem Bett zu quälen und nach einem Livestream zu suchen...der dann sehr oft eh abkackt...
Arbeitsplatz mit Fenster nach draußen: die Bedingungen sind hier meistens grauenhaft und für unsere Verhältnisse fast unerträglich. Bruno sitzt im Cubicle und auch bei mir in der Firma sind Fenster eher Mangelware. Man hat keine Ahnung, ob die Sonne scheint, ob es regnet oder schneit. Es muss ja nicht gleich mit Blick auf die Alpen sein, aber ein wenig mehr Tageslicht wäre wundervoll.
Tempos: gibt es hier praktisch nicht. Jedenfalls nicht einen 24er Pack für 1,99€ oder so. Für einen 4er Pack löhnt man ungefähr 2,99$. Dafür gibt es schicke „Tissue-Boxen“. Das sind so Kosmetiktuchboxen, die in manchen Haushalten im Bad oder so rumstehen. Die eigentlichen Issues sind folgende: erstens hat man bei einem kräftigen Schneuzer das Zeug überall, nur nicht im Tissue selber, zweitens sind die Teile total flumselig und weiße Reste bleiben im Gesicht hängen und drittens, wie kriegt man die Dinger eigentlich in die Handtasche? Glücklicherweise reißt bis jetzt unser Nachschub an richtigen Tempos aus Deutschland nicht ab...uffff....
Essen: hier gibt es nicht wirklich etwas was es nicht gibt. Manchmal wäre es für uns praktischer Milch in 1l Tetrapack zu haben als in Gallonenkübeln, Tomatenmark gehört in die Tube und nicht in die Dose und noch so ein paar Kleinigkeiten, was das Leben aber nicht unbedingt weniger lebenswert macht.
PS: natürlich vermissen wir auch Familie, Freunde und (Ex-)Kollegen!
PPS: Teil 2 folgt...Dinge, die wir vermissen werden, wenn wir den Heimweg nach Deutschland mal wieder finden sollten...